Nico Hoffmann ist seit 1994 Besitzer und Betreiber des Obstbaubetriebs Pretemer Haff. Neben einem Obstbauer, der seine Arbeit liebt, haben wir einen echten Unternehmer getroffen.
SSL: Erzählen Sie uns ein wenig über Ihren aktuellen Betrieb und seine Geschichte
N.H: Die Familiengeschichte meines Hofes ist insofern relativ jung, da sie auf meinen Großvater mütterlicherseits zurückgeht, der ihn 1929 baute. Ursprünglich handelte es sich um einen klassischen Betrieb, der auf der Milchviehhaltung und Ackerbau basierte. Als er meine Mutter heiratete, übernahm mein Vater den Hof und setzte die Milchviehhaltung fort.
Ich meinerseits, übernahm den Betrieb 1994. Ich hatte gerade meine Landwirtschaflichen Studien abgeschlossen. Ich liebte Kühe und träumte davon, ein riesiger Milchviehhalter zu werden, der 1 Million Liter Milch produzieren konnte. Damals hatten wir 17 Kühe und hatten in einen neuen Stall investiert.
2000 heiratete ich Nathalie, die zu einem echten Pfeiler unseres Betriebs wurde.
SSL: 2003 pflanzten Sie Ihre ersten Obstbäume auf einem Hof der traditionel auf Milchviehhaltung ausgerichtet war. Warum dieser Wandel?
N.H: Als ich mich als Viehzüchter niederließ, mit dem Wunsch, viel mehr zu produzieren und mich daher zu vergrößern, hatte ich die Auswirkungen der Milchquoten[1] unterschätzt. Es war nämlich sehr schwierig geworden, in Luxemburg Land zu kaufen oder zu pachten, um den Bestand zu erhöhen.
Ich wandte mich dann der Aufzucht von Jungstieren zu, ich kaufte 200. Dann kam die Bedrohung durch die Rinderseuche und der anschließende Einbruch des Verbrauchs von Rindfleisch. Ich beschloss, damit aufzuhören. Aber ich hatte immer noch etwas anderes im Kopf.
Dann schlug Cactus uns und anderen Kollegen vor, in den Obstbau einzusteigen und Äpfel und Birnen zu produzieren. Die Marke wollte nämlich ihre Lieferanten diversifizieren. Wir haben uns daher mit vier weiteren luxemburgischen Produzenten und zwei deutschen Produzenten zusammengeschlossen und den Verein « Eist Uebst Us Uebscht » gegründet, um Cactus zu beliefern. So bleibt jeder Landwirt unabhängig und ein Sekretär kümmert sich um die Bestellungen und Lieferungen für alle Mitglieder. Seitdem haben wir das Produktsortiment mit Gemüse erweitert und « Eist Uebst us Uebscht » ist zu « Eist Uebst a Geméis » geworden.
Heute arbeiten wir hauptsächlich für Cactus, liefern aber auch Kindergärten, Kantinen, Relaishäuser im Rahmen der Aktion « Fruit for School ». Und natürlich machen wir Direktverkäufe in unserem Laden.
SSL: Heute besitzen Sie eine der größten Obstplantagen Luxemburgs, darunter eine bedeutende Fruchtsortieranlage und andere Aktivitäten. Das geschah nicht von heute auf morgen. Könnten Sie uns bitte erklären, wie Sie das geschafft haben?
N.H: Wissen Sie, man muss sich immer dem Markt anpassen und in der Lage sein, sich mehrere Male am Tag zu hinterfragen. So habe ich, indem ich auf die Nachfrage hörte, allmählich begonnen, immer mehr Land meinem Obstgarten zu widmen, indem ich sowohl die Sortenvielfalt von Äpfeln und Birnen als auch die den Kunden angebotenen Früchte erweitert habe. Heute bedecken fast 57.000 Obstbäume 21 Hektar unseres Betriebs, und wir produzieren neben Äpfeln und Birnen Mirabellen, Zwetschgen und sogar Kirschen. Aber die Apfelbäume dominieren unseren Obstgarten dennoch deutlich mit 13 verschiedenen Sorten.
Diese Entscheidungen zur Erweiterung oder Umwandlung von Land sind nicht immer einfach zu treffen und man ist nie vor einem Fehler sicher, was in einem dauerhaften Anbau wie dem von Obstbäumen heikel sein kann. Der Anbau von Gemüse ist aus diesem Blickwinkel einfacher, da es sich hauptsächlich um einjährige Kulturen handelt, was die Möglichkeit lässt, die Produktionsweise zu ändern oder das Produkt bereits im nächsten Jahr zu wechseln.
Was die 2013 installierte Sortieranlage für Äpfel und Birnen sowie unsere Kühlhäuser betrifft, in die wir in mehreren Schritten investiert haben, stellen wir diese anderen Obstbauern der Region zur Verfügung.
Schließlich ermöglicht uns unser Laden, den wir 2006 mit Nathalie eingerichtet haben, nicht nur unsere Früchte, sondern auch alle anderen lokalen landwirtschaftlichen Produkte und natürlich unsere eigenen kulinarischen Kreationen, „Les folies de Nathalie“, zu vermarkten. Wir haben kürzlich auch eine Verarbeitungswerkstatt eingerichtet, um Brot und Gebäck aus dem Mehl herzustellen, das aus den auf unserem Hof angebauten Getreidesorten (Weizen, Dinkel, Roggen) gewonnen wird.
SSL: Erzählen Sie uns ein wenig über Ihre Art, Ihre Äpfel zu produzieren oder, mit anderen Worten, Ihre Apfelbäume vor den Unbilden des Wetters, Krankheiten und Schädlingen zu schützen?
N.H: Diese Frage ist in der Tat berechtigt, insbesondere heute, wo unsere Kunden, die Verbraucher, ein echtes Bedürfnis nach Transparenz darüber haben, wie die Lebensmittel, die sie essen, produziert werden. Genau aus diesem Grund organisieren wir übrigens regelmäßig Besuche in unserem Obstgarten für Schulen, um ihnen konkret zu erklären, wie wir arbeiten. Ich werde Ihnen das genauer erklären:
Was die Schutzmaßnahmen gegen Schädlinge und Krankheiten betrifft:
Anfangs wollte ich Bioanbau betreiben. Aber als ich mich näher damit beschäftigte, entschied ich mich schließlich, für den integrierten Landbau, der besser zu meiner Philosophie passt.
So sind wir von AGIO (Arbeitsgemeinschaft Integrierter Obstanbau) zertifiziert. Es handelt sich um eine Zertifizierung für integrierte Landwirtschaft, die jedes Jahr von einer unabhängigen Organisation kontrolliert wird.
Wir setzen alles daran, die Biodiversität unseres Obstgartens zu schützen. Um Ihnen ein Beispiel zu geben, es gibt hier mehr als 120 Insektenarten! Diese Arten können, einzeln betrachtet, unseren Obstgarten beschädigen. Wenn sie jedoch in einem guten Gleichgewicht zusammen leben, was 4 bis 5 Jahre dauern kann, kann man fast auf Insektizide verzichten.
Natürlich greift man manchmal auf Methoden wie die sexuelle Verwirrung zurück, die eine Technik zur Bekämpfung von Insekten im Wein- und Obstbau ist und bei der Pheromone eingesetzt werden, die den artspezifischen hormonellen Duft der Insektenweibchen nachbilden. Durch die Sättigung des Umfeldes mit diesen Hormonen wird es für die Männchen schwierig, die Weibchen zum Paaren zu finden, was die Eiproduktion und somit die Larven und die direkten (Zerstörung der Blütenknospen, Verzehr der Früchte) und indirekten Schäden (Verletzungen der Bäume oder Früchte, die Eintrittspforten für sekundäre Parasiten werden) begrenzt. Diese Bekämpfungsmethode hat einen erheblich geringeren Umwelteinfluss als die traditionellen Insektizidspritzungen.
Was Krankheiten des Apfelbaums und der Äpfel betrifft, ist die Wahl der Sorte und des Unterlagsbaums entscheidend. Wir stehen in Kontakt mit der Universität Bonn, die regelmäßig Versuche mit neuen Unterlagsbäumen durchführt, die wir aufmerksam verfolgen.
Was den Schutz der Apfelbäume vor klimatischen Unbilden betrifft:
Wenn man mit dem Obstanbau beginnen möchte, gibt es zwei wesentliche Voraussetzungen für den Erfolg: Hagelschutznetze und Wasservorräte.
Unser ganzer Obstgarten ist dank solcher Netze vor Hagel geschützt, die den Vorteil haben, dass sie die Bäume auch vor dem „Sonnenbrand“ schützen, der mit dem Klimawandel immer häufiger auftritt. Was die Frostbekämpfung betrifft, spielt die Wahl der Unterlage eine wichtige Rolle: einige Unterlagen halten bis -22°C stand.
Was das Wasser betrifft, haben wir das Glück, über einen Brunnen zu verfügen, und wir haben uns für ein Tropfbewässerungssystem entschieden um Wasserverschwendung zu vermeiden.
SSL: Sie produzieren derzeit 12 Apfelsorten. Treffen Sie die Auswahl dieser Sorten in Abhängigkeit von den Produkten, die Sie verarbeiten?
N.H: Zunächst einmal geht man immer vom Verbraucher aus und stützt sich auf seine Vorlieben, die man aus Erfahrung kennt. Außerdem, wie ich bereits zuvor erwähnt habe, wird die Auswahl der Sorten auch stark von ihrer Krankheitsresistenz und ihrer Frühreife beeinflusst, um eine kontinuierliche Verfügbarkeit von Produkten während der Saison zu gewährleisten. Wir produzieren derzeit folgende Sorten: Delbar, Zari, Elstar, Gala, Jonagold, Fuji, Rubinette, Braeburn, Wellant, Golde, Ladina und Topaz.
Alle diese Sorten sind Tafeläpfel. Wir verkaufen sie größtenteils als solche und verwenden diejenigen, die zu klein oder zu groß sind, unabhängig von der Sorte, zur Herstellung von Apfelsaft, Lampi (100% reiner Saft) und Shampi (100% prickelnder reiner Saft). Wir stellen auch Marmeladen, Kompotte, Gelees, aber auch Apfelstrudel oder andere Kuchen her.
SSL: Ihre Nachricht an die Verbraucher?
Kommen Sie (zu uns), sehen Sie und genießen Sie! Pretemer Haff, natierlech gutt!
Pretemer Haff
51, rue Centrale
L-4499 Limpach
[1] Das Quotensystem für Milch war eine Politik der „Produktionsrechte“, die in Frankreich und später in der Europäischen Union im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 1984 eingeführt wurde, um die Milchproduktion zu begrenzen und zu stabilisieren, die damals stark überschüssig war, und um den Preisverfall von Milch und Butter zu verhindern, der die wirtschaftliche Existenz eines großen Teils der Milchviehhalter bedrohte. Die Quoten wurden schließlich 2015 abgeschafft.
[2] ASTA: Administration des Services Techniques de l’Agriculture